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Informations-Blockade: Wie man Medien-Aussteiger*innen zurückgewinnt

Die Zahl der Opt-Outs, also jener Menschen, die von Medien und der Mehrheitsgesellschaft nicht mehr erreicht werden, steigt rasant. Laut einer von Grayling international gemeinsam mit Opinium Research durchgeführten globalen Studie hat fast ein Drittel der Befragten wenig oder kein Vertrauen in Medien oder Veröffentlichungen von Organisationen und Unternehmen. Eine Entwicklung, die laut Sigrid Krupica, CEO Grayling Austria, von Kommunikationsprofis nicht mehr ignoriert werden kann.

„Unsere Aufgabe in der Kommunikation ist es, zu informieren und zu engagieren. Um dies zu erreichen, müssen Organisationen – egal, ob Unternehmen, der öffentliche Sektor, Versorgungsunternehmen oder NGOs – ihre Zielgruppen verstehen und erreichen. Wir wissen, dass Zielgruppen sehr komplex sind. Deshalb hat Grayling vor kurzem eine Studie in Auftrag gegeben, bei der 12.000 Konsument*innen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Polen, Singapur und den USA befragt wurden. Ziel war es zu verstehen, wie und in welchem Ausmaß sich Menschen mit Marken, Politik, Kultur und der Gesellschaft als Ganzes verbunden fühlen“, so Krupica.

Knapp ein Drittel fühlt sich entfremdet

Die Ergebnisse verdeutlichen laut Krupica klar, dass öffentliche Einrichtungen wie auch die Privatwirtschaft ihre Kommunikation neu zu denken müssen: „In Deutschland, Polen und Großbritannien zählen 29 Prozent der Befragten zu jener Gruppe, die wir als ‚Opt-Outs‘ bezeichnen – Menschen, die sowohl in Bezug auf ihren Medienkonsum als auch beim Vertrauen in gesellschaftliche Systeme unter dem Durchschnittswert liegen. Es ist anzunehmen, dass diese Zahl für Österreich ähnlich ist. In Singapur liegt der Wert bei 30 Prozent, in Frankreich bei 31 Prozent und in den Vereinigten Staaten sogar bei 33 Prozent – also einem Drittel der Bevölkerung.“

Die Studie von Grayling belegt, dass Opt-Outs ein wachsendes Gefühl der Entfremdung und des Misstrauens gegenüber der Gesellschaft und der zeitgenössischen Kultur empfinden. „Das führt dazu, dass sie sich aktiv von Informationen und Kampagnen abwenden“, so Krupica. „Es ist besorgniserregend, dass eine so große Anzahl Menschen Gefahr läuft, von der Mehrheitsgesellschaft „abgekoppelt“ zu werden. Das stellt in den aktuellen Krisenzeiten eine große Herausforderung für Politik, Medien, Marken, Dienstleister*innen und letztendlich Kommunikator*innen dar. Und das, obwohl wir heute – theoretisch – besser mit einander vernetzt sind als je zuvor. Es ist daher höchste Zeit für alternative Wege, um diesen signifikant großen Teil der Bevölkerung zu erreichen.“

Zielgruppen neu denken

Sowohl in der Marktforschung als auch in der Kommunikation besteht die Tendenz, sich auf junge, gut vernetzte, kommunikative und technologieaffine Menschen zu fokussieren. „Wenn man bei der Entwicklung von Kommunikationsstrategien jedoch nur diese Gruppe im Blick hat, orientiert man sich an einem völlig verzerrten Bild unserer Gesellschaft. Denn es ist genauso wichtig, Menschen zu verstehen, die nicht mehr ganz jung sind oder deren Ansichten zu großen Themen – wie Klimakrise, Gesundheitsvorsorge oder Zuwanderung – vom Tenor in meiner eigenen Gruppe abweichen“, so Krupica.

„Für uns ist es klar, dass die Kommunikation mit Zielgruppen, die sich entfremdet fühlen, damit beginnt, diese besser zu verstehen. Aus unserer Umfrage wissen wir, dass ‚Opt-Outs‘ Inhalten in Zeitungen und Fernsehen skeptisch gegenüberstehen und auch Social-Media-Plattformen nicht vertrauen – obwohl sie diese regelmäßig nutzen. Zudem sind ihnen Kriterien wie Preis oder Zuverlässigkeit eines Produktes weit wichtiger als der ‚Purpose‘ einer Marke oder gar Nachhaltigkeitsthemen. Öffentliche Einrichtungen, Organisationen oder Unternehmen, die diese entfremdete Zielgruppe erreichen wollen, tun gut daran lokal zu denken. Warum? Weil große, (inter-) nationale Themen für diese Menschen im Alltag wenig Relevanz haben.“

Alternative Kommunikation: empathisch, lokal, auf Augenhöhe

Die Ansprache von Menschen, die zur Gruppe der ‚Opt-Outs‘ gehören erfordert von Organisationen und Unternehmen einen langen Atem und neue Prioritäten in Bezug auf die Kommunikationskanäle der Wahl. „Ein guter Anfang kann beispielsweise die Befragung von Fokusgruppen sein. Diese können Antworten dazu liefern, welche Themen für ‚Opt-Outs‘ wichtig sind, welchen Kanälen sie vertrauen und welche Botschaften bei ihnen ankommen. Mit Mikroinfluencer*innen zu arbeiten oder verstärkt auf das Lokalradio zu setzen, können ebenfalls erfolgreiche Kommunikationsmaßnahmen darstellen“, so Krupica. „Aber egal welche Kanäle gewählt werden – eine bodenständige und leicht verständliche Sprache sowie authentische Bildwelten sind entscheidend. Denn nur wenn sich diese besonders schwer erreichbare Gruppe zu ihren eigenen Bedingungen angesprochen fühlt, können Organisationen und Marken mit wichtigen Botschaften die Informations-Blockade durchbrechen.“